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Hintergrundwissen – Immobilienerwerb in Marokko: 10 Fragen an O.Kirner

Posté par Oliver Kirner le 26 juillet 2020
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Auszug aus einem längeren Interview aus dem Jahr 2003 mit Peter Schöllhorn von der Deutschen Schutzvereinigung Auslandsimmobilien DSA e.V.

Immobilienerwerb in Marokko, wer kauft wo?

Peter Schöllhorn: Immobilienerwerb in Marokko – ist das ein Thema?

O.Kirner: Für Franzosen allerdings, sogar ein heißes – für Leute aus dem deutschen Sprachraum noch kaum. Auch Briten, Amerikaner und Personen aus anderen arabischen Staaten investieren im Königreich. Franzosen machen aber mindestens zwei Drittel der Käufer aus, man schätzt, dass es letztes Jahr 40.000 waren.

Peter Schöllhorn: Wie erklären Sie sich den Run?

O.Kirner: Viele Rahmenbedingungen erinnern an das Mallorca-Phänomen vor rund 15 Jahren. Es kamen dort laufend so viele Touristen an, dass die ehemalige Putzfraueninsel Mallorca eine auf Deutsche ausgerichtete Infrastruktur ausbaute. Deutsche Ärzte, deutsche Anwälte und deutsche Hundefrisöre ließen sich nieder. Fluggesellschaften und Reiseveranstalter bauten das Angebot an Direktflügen und preiswerten Pauschalreisen aus. Über Stars und Meinungsmacher geriet Mallorca in die Medien. Das 17. Bundesland entstand.

Frankreich und das Königreich Marokko stehen heute ähnlich da. 3 der 4 Millionen Touristen jährlich kommen aus Frankreich, allein der Toulouser Veranstalter FRAM bringt jährlich 1 Million Urlauber nach Marokko. Avantgardisten besitzen seit Jahrzehnten Wohnsitze. Derzeit vergeht keine Woche ohne eine neue Fernseh-Reportage über das Land. Der Markt wird also geschürt und in 3 bis 4 Jahren richtig heiß werden, sofern die Parallele mit Mallorca hinhaut. Der Ansturm Frankreichs auf das ehemalige Protektorat hat also noch nicht einmal begonnen.

Peter Schöllhorn: Es handelt sich dennoch um eine junge Entwicklung, die erst im neuen Jahrtausend begann? Ist das eine Modeerscheinung, die nur ein paar Jahre dauern wird?

O.Kirner: Marrakech ist sicher « en vogue » im Augenblick, Nachtclubs der 5 Millionen Euro-Kategorie machen vierteljährlich auf. Um nichts wird man in Frankreich derzeit mehr beneidet, als über den Spruch « ich flieg übers Wochenende nach Marrakech in meinen Riad ». Deshalb auch die vielen VIPs in 2003!

Der Rest des Königreiches ist noch Neuland, mit entsprechend niedrigeren Preisen, aber auch erhöhtem Risiko. Startschuss für den normalen Ausländer, der einen Immobilienerwerb in Marokko erwägt, war sicher die Thronübernahme von Mohammed VI, hier liebevoll M6 genannt. Der im Westen ausgebildete Vierzigjährige zeigt, dass er wie sein Vater Hassan II straff führen kann. Andererseits wälzt er Wirtschaft, Gesellschaft und Politik völlig um. Das Königreich befindet sich heute im Umbruch und noch mit einem Bein im Mittelalter, mit dem anderen im 21. Jahrhundert. Das ergibt Spannungen, macht aber auch einen Teil seines Reizes aus. Ausserdem ergeben sich interessante wirtschafliche Gelegenheiten für Unternehmensgründer.

Immobilienerwerb in Marokko, Besonderheiten und Fallstricke

Peter Schöllhorn: Beim Immobilienerwerb in Marokko hört man immer wieder von Rechtsunsicherheit im Allgemeinen und Problemen bei der Beleihung der Immobilien in der Finanzierung. Können Sie erklären, woran das liegt?

O.Kirner: Das liegt daran, dass muslimisches und modernes Grundstücksrecht nebeneinander existieren. Die jeweiligen Eigentumstitel heissen „melk“ und „titre foncier“.

Der muslimische Eigentumstitel « melk » oder « moulkiya » wird von einem Religionsrichter (Adoul) abgesichert und auf dem zuständigen Landgericht hinterlegt. Über drei Viertel der landwirtschaftlichen Grundfläche und der zugehörigen Bauten des Königreiches unterliegen diesem rechtlichen Zustand.

Die Nachteile des „melk“ entstehen aus der Ungenauigkeit der Bezeichnung der Immobilie („vom Olivenbaum zum Felsen, 100 Schritte nach Süden und wieder zurück“) und der mangelnden Offenkundigkeit und der daraus erfolgenden Vernachlässigung der Ansprüche Dritter. Transaktionen auf der Grundlage eines „melk“ sind insofern nur dann stabil, wenn keine weiteren Anwärter ihrerseits den Titel beanspruchen (mit Adoul und Zeugen) und dies auch in der Zukunft nicht tun.

Peter Schöllhorn: Daher rührt dann wohl auch die Ablehnung der Banken, solche Immobilien zu beleihen.

O.Kirner: Ganz genau. Ein einzelner Eigentümer mag oben beschriebenes Risiko wohl abzuschätzen wissen, insofern er die Herkunft und die Nachbarschaftsverhältnisse des Eigentums genau kennt. Für Aussenstehende wie Banken ist das unmöglich. Fazit: es gibt keine Kredite für Objekte in « melk »-Status.

Peter Schöllhorn: Wie kommt es dann, dass sich Käufer, auch Nicht-Marokkaner, an derlei Transaktionen heranwagen?

O.Kirner: Oft sind « melk »-Immobilien sehr attraktiv: unberührte Berg-, Land- und Küstenimmobilien, sozusagen aus erster Hand, zu oft sehr günstigen Preisen.

Peter Schöllhorn: Sie deuten an, dass Immobilien mit « titre foncier », also mit Grundbucheintrag, teurer sind?

O.Kirner: Durchaus. Die Immobilie durchläuft einen Verwaltungsprozess, den man « titrage » nennt und der vereinfacht folgendermassen beschrieben werden kann:

Der Urstatus eines marokkanischen Grundstückes heißt „terrain vierge“, übersetzt „jungfräuliches Grundstück“, auf das niemand Anspruch erhebt. Davon existieren einige Millionen Hektar, vor allem in der Sahara.  Sie gehören dem Königreich.

Aus dem Gewohnheitsrecht entsteht ein Eigentumsanspruch (« Hyazat »)

Wer eine Parzelle 10 Jahre ununterbrochen und friedlich nutzt, beispielsweise durch Ackerbau, Viehzucht oder weil er auf dieser ein Gebäude errichtet hat und dort wohnt, erhebt diese aus dem jungfräulichen Zustand und kann deren Eigentum beanspruchen.

Adoul – der koranische Notar legalisiert den Eigentumsanspruch

Zwei Religionsrichter (Adoule), die auch notarielle Aufgaben wahrnehmen, laden den Eigentumsanwärter und mindestens 12 Zeugen vor.  Die Zeugen bestätigen die 10-jährige friedliche Nutzung. Weibliche Anwärter müssen pikanterweise 24 Zeugen vorweisen („gespaltene Zunge“). Analphabeten zeichneten früher mit Fingerabdrücken.

Dahir des 9.Ramadan 1331 – vom Melk zum Eigentumstitel

Dieses Gesetz vom 12.August 1913 regelt den Übergang vom muslimischen zum modernen Eigentumstitel und orientiert sich an britischem und deutschem Eigentumsrecht (die Arbeiten von Robert Torrens, der im Auftrag des British Empire Australien katastermäßig erfasste, gelten als Grundlage des Dahir).

Ein staatlicher Vermesser erfasst also die Immobilie, indem er ihr eine Flurstückbezeichnung, eine Katasterplanzuordnung und eine Katasternummer zuordnet. Die vorher durch den „melk“ nachgewiesene Immobilie wird dadurch amtlich neu geboren. Offizielle Anschläge auf Basaren, Gemeindeverwaltungen und anderen öffentlichen Stellen machen den vorläufigen Titel offenkundig. Dritte können ihre Ansprüche während bestimmter Fristen geltend machen. Diese Übergangsphase kann zwei Jahre dauern.

Titre foncier – der Eigentumstitel mit Grundbucheintragung

Nach der korrekten physischen Erfassung der Immobilie und nach Ablauf aller Fristen erteilt das Grundbuchamt („conservation foncière“), den Eigentumstitel. Dieser ist nominell, präzise, definitiv und unanfechtbar, er entlastet von allen früheren Ansprüchen und schützt gegen spätere. Die meisten Immobilien in den großen Städten besitzen einen „titre foncier“. Das Adjektiv „titré“ in  den Immobilienanzeigen weist auf diesen Status hin.

Dieser Verwaltungsaufwand spiegelt sich dann auch im Preis der Immobilie wieder.

Peter Schöllhorn: Käufer sollten also beim Immobilienerwerb in Marokko den « titre foncier » vorziehen, weil er Rechtsicherheit bietet und hypthekierbar ist !

O.Kirner: Dazu rate ich ebenfalls beim Immobilienerwerb in Marokko. Ausnahme wäre eine erstklassige Rechtsberatung zugunsten des Käufers seitens eines unabhängigen Anwaltes oder Notars. Ein solcher kann auch auflösende Bedingungen in den Kaufvertrag eines « melks » einflechten, und eine Art Ratenzahlung des Kaufpreises vereinbaren, je nach Fortschritt in der Übergangsphase zum « titre foncier.

Wenn Sie eine Nachbemerkung erlauben?

Das bisher als rückständig angesehene „melk“-System wird inzwischen als soziologisch wertvoll angesehen, da es die Industrialisierung der Landwirtschaft verlangsamt und somit der Entwurzelung der Landbevölkerung vorbeugt. Multinationale Firmen fahren keine Projekte auf der Grundlage von „melks“! Grosse Latifundien konnten so nur vereinzelt entstehen. Marokko gehört auch aufgrund dieser juristischen Besonderheit zu den einzigen Staaten Afrikas, wo keine städtischen Ghettos existieren.

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